Champagnerparagraph

Zum Abschluss des Ersten Weltkriegs wurde dieser endgültig und völkerrechtlich durch die Unterzeichnung des Friedensvertrages von Versailles 1919 beendet. Dass in diesem Friedensvertrag Reparationszahlungen an die Siegermächte, Gebietsabtretungen und Abrüstung verhandelt wurden, dürfte den Meisten bekannt sein. Allerdings beinhaltet der Friedensvertrag auch einen sogenannten Champagnerparagraphen. Als solcher werden die Artikel 274 und 275 bezeichnet. Diese sind zu finden in Unterkapitel 3 mit dem Namen „Unlauterer Wettbewerb“ in Teil X (Wirtschaftliche Bestimmungen), Abschnitt I (Handelsbeziehungen).

Inhalt dieser Artikel ist ein Verbot für deutsche Produkte fremde Herkunftsbezeichnungen zu führen. In Artikel 274 wird Deutschland verpflichtet ausländische Produkte, von alliierten und assoziierten Staaten gegen unlauteren Wettbewerb zu schützen. In Artikel 275 kommt dann spezieller Champagner ins Spiel. Dort wird deutschen Erzeugern nämlich untersagt Weine und Spirituosen mit örtlichen Herkunftsbezeichnungen anderer Länder zu benennen.

Diese beiden Artikel betreffen besonders Champagner und Cognac aus deutscher Herstellung, die nach der französischen Gegend Champagne und der französischen Stadt Cognac benannt sind.

Seitdem heißen diese Produkte aus deutscher Erzeugung nun Sekt und Weinbrand und Artikel 274 und 275 im Friedensvertrag von Versailles sind als Champagnerparagraph bekannt.

Durch diesen Paragraphen hatte der Champagner nach dem Ersten Weltkrieg keine innereuropäische Konkurrenz mehr zu fürchten.

Hier einmal die beiden Artikel im Wortlaut:

Artikel 274: „Deutschland verpflichtet sich, alle erforderlichen Gesetzes- oder Verwaltungsmaßnahmen zu treffen, um die Rohstoffe oder Fabrikate irgendeines der alliierten oder assoziierten Staaten gegen jede Form von unlauterem Wettbewerb in Handelsgeschäften zu schützen.

Deutschland verpflichtet sich, in seinem Gebiet die Ein- und Ausfuhr. die Herstellung und den Vertrieb, den Verkauf und die Ausstellung zum Verkauf von allen Erzeugnissen und Waren zu verbieten und durch Beschlagnahme und andere geeignete Mittel unmöglich zu machen, die an sich oder in ihrer Aufmachung oder Verpackung irgendwelche Marken, Namen, Aufschriften oder sonstige Zeichen tragen, die mittelbar oder unmittelbar falsche Angaben über die Herkunft, die Art, Gattung oder besondere Eigenschaft dieser Erzeugnisse bedeuten.“

Artikel 275: „Unter der Bedingung der Gegenseitigkeit verpflichtet sich Deutschland zur Beachtung der Gesetze oder Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen auf Grund dieser Gesetze, die in einem alliierten oder assoziierten Lande in Kraft sind und Deutschland durch die zuständigen Behörden ordnungsgemäß bekannt gegeben sind, und die das Recht einer örtiichen Herkunftsbezeichnung festsetzen oder regeln für Weine oder Spirituosen. die aus dem Lande stammen, zu welchem diese Örtlichkeit gehört, oder die Bedingungen festsetzen oder regeln, unter welchen die Anwendung einer solchen örtlichen Herkunftsbezeichnung erlaubt ist. Die Ein- und Ausfuhr, die Herstellung und der Vertrieb, der Verkauf und die Ausstellung zum Verkauf von Erzeugnissen oder Waren, welche örtliche Herkunftsbezeichnungen tragen, die den oben aufgeführten Gesetzen und Bestimmungen zuwiderlaufen, sollen von Deutschland untersagt werden und durch die im vorgehenden Artikel vorgeschriebenen Mittel unmöglich gemacht werden.“

Quelle: Versailler Vertrag, Teil X. Wirtschaftliche Bestimmungen, Abschnitt I. Handelsbeziehungen, Kapitel 3 Unlauter Wettbewerb, Artikel 274 und 275: http://www.versailler-vertrag.de/vv10.htm#1013