Fassreife von Wein – Teil 2

Unterschiedliche Größen von Holzfässern

Eigentlich ist es Physik: Je größer ein Fass ist, desto weniger Kontakt hat das Holz mit dem Wein. In großen Fässern wird der Wein zudem mit weniger Sauerstoff versorgt. Also einfach ausgedrückt: Kleine Holzfässer beeinflussen Weine stärker als große Fässer.

Das sogenannte „Barrique“-Fass ist mit Abstand das meist eingesetzte Fass. Hierbei handelt es sich um ein Eichenfass mit einem Fassungsvermögen von 225 Litern – das Format stammt aus dem Bordeaux. Das im Burgund als „Piéce“ bekannte Fass verfügt über drei Liter mehr Volumen. Neben dem „Barrique“ gibt es lediglich noch ein Format, dem ebenfalls eine Art Standard-Maß zukommt: Das „Demi Muids“ fasst 600 Liter und kommt vor allem an der französischen Rhône zum Einsatz.

Natürlich gibt es neben Barrique und Demi-Muids noch viele, insbesondere größere Formate wie z.B. die „Foudre“-Fässer, welche von 1.000 bis weit über 10.000 Liter reichen.

Eichenfass ist nicht gleich Eichenfass

Für die Herstellung von Weinfässer werden im Grunde nur zwei Sorten von Eiche eingesetzt: Die europäische Traubeneiche (quercus petrea) und die amerikanische Weiß-Eiche (quercus alba). In Hinblick auf das Aromaprofil unterscheiden sich beide Gattungen recht deutlich.

Der Hauptunterschied zwischen europäischer und amerikanischer Eiche liegt in der Dichte des Holzes: Die Ringe der Traubeneiche haben nämlich einen engeren Verbund als die der amerikanischen Weiß-Eiche. Die Fässer aus Traubeneiche geben zum einen weniger Holzeindruck an den Wein ab und zum anderen lassen sie weniger Sauertsoffaustausch zu. Daher eignen sich neue, amerikanische Eichenfässer wirklich nur für Weine, die aus sich heraus bereits über viel Kraft und intensives Aroma verfügen. Das Risiko für zu intensiven Holzeinfluss bei amerikanischer Eiche ist ansonsten zu groß.

Amerikanisches Holz wird dennoch in einigen europäischen Gegenden sehr großzügig eingesetzt. Schlichtweg, da der internationale Markt es so verlangt. Bei vielen Weinfreunden sind beispielsweise Rotweine aus dem spanischen Ribera del Duero mit einer starken (Neu-)Holprägung sehr beliebt.

Ein Toast auf das optimale Eichenfass

Der sogenannte „Toast-Grad“ der Holzfässer ist ein weiterer Faktor in Bezug auf die Intensität des Holzeinflusses.  Das „Toasting“ ist der Prozess des Abflämmens der Fass-Innenseite durch den Küfer. Ganz nach Kundenwunsch kann dieser Vorgang in mehreren Abstufungen vorgenommen werden. Die gängigsten Stufen sind „Light Toast“ (LT), „Medium Toast“ (MT) und „Heavy Toast“ (HT). Meist sind auch noch Zwischenstufen möglich wie zum Beispiel „Medium Toast +“ (MT+).

Je stärker das Fass „getoastet“ ist, desto stärker setzen sich die Holzaromen im Wein durch. Die Ausprägung der Aromen an sich, werden zudem durch die jeweilige Toast-Stufe verändert. Findet man bei einem Wein aus einem leicht geflämmten Fass noch feine Noten von Vanille, erinnert der Wein aus einem stark befeuerten Fass eher an Espresso oder dunkle Schokolade.

Wie lang sollte ein Wein ins Fass?

Jeder Winzer verfolgt mit dem Ausbau im Holz unterschiedliche Ziele, daher lässt sich diese Frage pauschal nur schwer beantworten. Die Kombination aus den Faktoren, Wein, Fass und Zeit spielt dabei die entscheidende Rolle: Ein Weißwein kann beispielsweise durch wenige Monate im neuen, amerikanischen Eichenfass attraktive Aromen erhalten. Nicht selten verbringt ein großer Bordeaux hingegen mehrere Jahre in Eichenfässern zweiter Belegung, um Struktur aufzubauen und Eleganz zu erwerben.

Die Dauer der Fasslagerung ist in manchen Weinregionen direkt mit einer Qualitätsbezeichnung verbunden. Weinfreunden dürften spanische Begriffe wie „Crianza“ und „Reserva“ genauso bekannt sein wie „Riserva“-Weine aus Italien. Sie geben genau definierte Anforderungen an die Mindestdauer im Fass und die anschließende Reifezeit in der Flasche vor. Eine Regelung, die dem Konsumenten zwar die Orientierung vereinfacht, aber nicht per se ein Qualitätsgarant ist.

Was kostet ein Weinfass?

Nicht nur die Herstellung des Fasses durch den Küfer ist sehr aufwendig, auch der Rohstoff hat seinen Preis. Aus einer Eiche lassen sich lediglich zwei Fässer herstellen und diese braucht mehrere Dekaden, um auf die geforderte Größe zu wachsen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein gutes Barrique 1.000 Euro und mehr kostet. Runtergerechnet auf die einzelne Flasche Wein, bedeutet dies einen Preisaufschlag von drei Euro! So erklärt sich, dass fassgereifte Weine immer teurer sind als holzfreie Exemplare.

Macht der Ausbau im Fass den Wein wirklich besser?

Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Ist ein Wein bereits vor der Fassreife nicht gut, wird er nach seiner Zeit im Holz nicht besser sein. Lediglich aromatisch „angepasst“. Sofern man nicht das passende Fass einsetzt, kann man selbst bei gutem Wein Fehler machen.

Trotzdem lässt sich sagen: Bei sehr kräftigen Rotweinen ist der Einsatz von hoher Qualität und langer Lebensdauer mehr als angeraten. In den meisten Fällen profitieren die Weine von der Zeit im Fass. Allerdings muss insbesondere neues Holz mit großem Feingefühl eingesetzt werden: Der Einfluss von Holz kann so groß sein, dass er dem Wein sämtliche Identität raubt. Zwar kann man dann den Einfluss des Fasses herausschmecken, doch ist es unmöglich, noch Rückschlüsse auf Rebsorte oder Anbaugebiet zu ziehen. Wenn einem Weinfreund aufrichtige und originäre Weinherstellung wichtig sind, sollte ihm das nicht behagen.